Prof. em. Dr. Christel Köhle-Hezinger

Lehrstuhl für Volkskunde (Empirische Kulturwissenschaft)
Christel Köhle-Hezinger
Christel Köhle-Hezinger
Foto: privat

Das wolle ich auch studieren: Völkerkunde! "Nein VOLKSKUNDE", korrigierte mein Deutschlehrer: "da geht es um die eigene Kultur, in der Völkerkunde um fremde Kulturen, um die Anderen!" Seine Unterscheidung, um "Alterität" kreisend, führte mich zum Fach. Ich wusste von seiner Doktorarbeit über die "Mundart des Nagold-Enzkreises", fand das ziemlich schräg; so schräg wie viele, die seit 1998 in Jena, im "Grundkurs Volkskunde" die Titelfrage beantworten sollten im Motivationsessay "Warum studiere ich dieses merkwürdige Fach?" Bei den Antworten bildete sich eine klare Hitliste heraus: Man hatte meist in der Mensa oder WG gehört, dass es da so ein kleines nettes Fach gäbe, wo man über die Lieblingskneipe, Handtasche oder Tupperschüssel forschen könne! Eltern, Familie und Umfeld waren oft die Klippe nach der Wahl: Was willst Du denn damit?? Meine Eltern vertrauten mir, zum Glück. Volkskunde, Germanistik, Landesgeschichte, hieß fortan meine spannende Agenda. Dazu seit dem 1. Semester studienbegleitend Praktika, meist mit dem Ergebnis: Das will ich nie... Aber was wollte ich? Nach der Promotion folgten, wissenschaftlich-freiberuflich, Lehraufträge, Ausstellungs- und Publikations-Projekte, Vorträge, Werkverträge - 13 gute Jahre, die immer neue Felder und Themen öffneten. 1988 das Angebot einer Stelle im Tübinger ‚Heimat‘-Institut ("Orts- und Regionalforschung, Ländlicher Raum"), es siegte die Neugier auf "Forschung und Lehre", auf Arbeiten mit Studierenden. "Akademische Karriere" war nicht mein Ziel, sie kam dennoch: 1994 der Ruf auf eine Professur in Marburg; 1998 drängte Jena, einen Studiengang "Volkskunde/Kulturgeschichte" aufzubauen, was ich bis zu meiner Emeritierung 2011 tat in dem Gefühl (so der Titel meiner Abschiedsvorlesung): "Zum Glück in Jena..." Beides würde ich wieder tun: nach Jena gehen, und Volkskunde studieren, wie immer sie auch heißt.

Zur Person

  • Vita

    *07.11.1945 in Esslingen

    Studium der Deutschen Volkskunde (Empirische Kulturwissenschaft), Amerikanistik, Germanistik und Landesgeschichte in Tübingen, Bonn und Zürich.

    Promotion in Tübingen 1976;

    1975-77 Lehrtätigkeit Stanford University,

    1977-87 Universität Tübingen und Stuttgart sowie an Fachhochschulen, daneben freiberuflich wissenschaftlich tätig (Museums- und Ausstellungskonzeptionen, Buchprojekte, Werk- und Zeitverträge im Bereich der öffentlichen Kulturarbeit);

    1988-94 wissenschaftliche Angestellte am Ludwig-Uhland-Institut für empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen,

    1994-98 Prof. für Europäische Ethnologie und Kulturforschung an der Universität Marburg;

    ab 1998 Lehrstuhl für Volkskunde (Empirische Kulturwissenschaft) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

  • Forschungsschwerpunkte
    • Kulturgeschichte, insbesondere des 18. - 20. Jhs. (Alltagsgeschichte, Frauen, Frömmigkeit)

    • Orts- und Regionalforschung

    • Dorf und ländlicher Raum

    • Museen

    • Industriekultur

    • Erbauung und Kommunikation / Frauen im Pietismus (18. Jh.)

    • Mitarbeit an Handbüchern und Lexika. - Teilprojekt: "Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte im Generationenumbruch. Beteiligungschancen und Deutungssysteme ausgewählter Kultureliten" im SFB 580: "Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Diskontinuität, Tradition und Strukturbildung" (SFB 580/A 5: Leitung)
  • Preise

    Esslinger Kulturpreis 2003

    Der Jenaer Volkskundlerin Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger ist der 7. Esslinger Kulturpreis verliehen worden. Die Empirische Kulturwissenschaftlerin von der Universität Jena konnte die Auszeichnung im schwäbischen Beuren entgegennehmen. Der Preis, der alle zwei Jahre vergeben wird, ist "erstmals an eine Frau und auch zum ersten Mal nicht für Hoch-, sondern für eine Arbeit aus der Breitenkultur vergeben worden", freut sich die 57-jährige Wissenschaftlerin, die "eigentlich nie einen Preis annehmen wollte".

    Neben ihrer "praktischen" Arbeit ist auch das wissenschaftliche Werk, das mehr als 200 Veröffentlichungen umfasst, von Prof. Köhle-Hezinger gewürdigt worden. Der Schwerpunkt ihrer Forschungen liegt in der Orts- und Regionalforschung, im ländlichen Raum, der Kulturgeschichte insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert, der Industriekultur, der Geschichte der Industrialisierung, Pietismus und Frömmigkeit. Diese wissenschaftliche Breite, deren Ort vor allem Schwaben und Thüringen bildet, "und das herausragende Engagement, kulturgeschichtlich wichtige Themen wissenschaftlich und zugleich verständlich aufzubereiten, sind wesentlicher Grund für die Auszeichnung", betonte die Esslinger Jury bei der Preisverleihung.

    Daniel-Pfister-Preis 2008

    Am 27. Januar 2008 wurde der Daniel-Pfisterer-Preis 2008 vom Geschichts- und Kulturverein Köngen verliehen an "Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger in Würdigung ihrer Verdienste um die Veröffentlichung der Chronik des Köngener Pfarrers Magister Daniel Pfisterer und ihrer Forschungsarbeit als Kulturwissenschaftlerin, insbesondere auf dem Gebiet der Volkskunde. (Sie) betrieb von 1986 bis 1996 zusammen mit anderen Historikern die Publikation (und) war maßgeblich an der wissenschaftlichen Bewertung des Werkes beteiligt. (Dem) breiten Publikum wurde dadurch erstmals eine neue, außergewöhnliche Quelle zur Volkskunde des Barock (...) erschlossen." 

    Daniel-Pfister-Preis 2008

    Am 27. Januar 2008 wurde der Daniel-Pfisterer-Preis 2008 vom Geschichts- und Kulturverein Köngen verliehen an "Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger in Würdigung ihrer Verdienste um die Veröffentlichung der Chronik des Köngener Pfarrers Magister Daniel Pfisterer und ihrer Forschungsarbeit als Kulturwissenschaftlerin, insbesondere auf dem Gebiet der Volkskunde. (Sie) betrieb von 1986 bis 1996 zusammen mit anderen Historikern die Publikation (und) war maßgeblich an der wissenschaftlichen Bewertung des Werkes beteiligt. (Dem) breiten Publikum wurde dadurch erstmals eine neue, außergewöhnliche Quelle zur Volkskunde des Barock (...) erschlossen." 

    Bernhard-von-Lindenau-Medaille 2013

    Am 26. September 2013 wurde die Bernhard-von-Lindeau-Medaille 2013 vom Museumsverband Thüringen während der Verbandstagung auf der Heidecksburg in Rudolstadt für herausragende Verdienste um das Museumswesen in Thüringen u.a. Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger verliehen. Weitere Preisträger waren Ute Heckmann (posthum; ehemalige Direktorin des Stadtmuseums Gera) und Andreas Volkert (Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen der Wartburg-Stiftung Eisenach). (s. dazu "Dankesredepdf, 223 kb")

    Kleine Goldene Landkreis-Medaille für 4 Jahrzehnte Engagement für das Freilichtmuseum Beuren 2020

    Die Empirische Kulturwissenschaftlerin Professorin Christel Köhle-Hezinger erhielt die kleine goldene Medaille des Landkreises Esslingen. Landrat Heinz Eininger überreichte sie der Expertin im Rahmen der Sitzung des Gesamtbeirates des Freilichtmuseums Beuren für eine über vier Jahrzehnte währende ehrenamtliche Beratung und Begleitung des Auf- und Ausbaus des Freilichtmuseums des Landkreises Esslingen. „Ihre fachwissenschaftliche Beratung in konzeptionellen Fragen begleitete maßgeblich die Ausrichtung des Freilichtmuseums und die Museumsarbeit“, sagte Landrat Heinz Eininger. (s. dazu "Pressemitteilungpdf, 123 kb").

     

  • Mitgliedschaften
    • Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt

    • Vors. Volkskundliche Kommission für Thüringen, Thüringische Vereinigung für Volkskunde, Deutsche Gesellschaft für Volkskunde

    • Kommission Frauen- und Geschlechterforschung / Deutsche Gesellschaft für Volkskunde

    • Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde

    • Alemannisches Institut Freiburg i. Br. und Tübingen

    • Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein

    • Hessische Vereinigung für Volkskunde

    • Tübinger Vereinigung für Volkskunde

    • Verein für württembergische Kirchengeschichte

    • Frauen & Geschichte Baden-Württemberg

    • Kuratorin in Museumsbeiräten, Kulturförderpreisen, Ausstellungen

    • Wiss. Beirat Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde und seit 2004 wiss. Beirat Agrarkulturerbe (Vors.)

    • Stv. Mitglied der EKD-Synode (kooptiert)

    • Mitglied der EKM-Synode (kooptiert)
  • Funktionen / Gremien
    • 1998 - 2005   Vorsitzende des Magister-Prüfungsausschusses

    • 1999 - 2003   Mitglied des Fakultätsrates

    • 2005 - 2007   Prodekanin der Philsophischen Fakultät

    • 2007 - 2011   Gewählte Vertreterin der Philosophischen Fakultät im Senat

    • seit 2001    Beiratsmitglied des "Uni-Journal Jena"
  • Abgeschlossene Promotions- und Habilitationsverfahren

    Hier als PDFpdf, 74 kb einsehbar.

  • Downloads

Schriftenverzeichnis

  • Publikationen (Auswahl)

    Evangelisch - Katholisch. Untersuchungen zu konfessionellem Vorurteil und Konflikt im 19. und 20. Jahrhundert vornehmlich am Beispiel Württembergs, Tübingen 1976.

    Kultur im ländlichen Raum, Tübingen 1989.

    Neuedition Maria Bidlingmaier: Die Bäuerin in zwei Gemeinden Württembergs (1918), Kirchheim 1990.

    "Der glorreiche Lebenslauf unserer Fabrik". Zur Geschichte von Dorf und Baumwollspinnerei Kuchen, Weißenhorn 1991.

    Die Maschinenfabrik in Esslingen 1846-1965, Esslingen 1991.

    Zusammen mit G. Mentges: Der neuen Welt ein neuer Rock, Stuttgart 1993.

    Neue Siedlungen - Neue Fragen. Eine Folgestudie über Heimatvertriebene in Baden-Württemberg - 40 Jahre danach, Tübingen 1995.

    Barockes Welttheater (Edit. einer Chronik d. J. 1716-1727). Stuttgart 1996.

    Zum Jubiläum: 50 Jahre EKW am LUI. In: Karin Bürkert/Reinhard Johler (Hg.), Die Umbenennungsfrage ist damit entschieden." 19. Mai 1971 Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft (Schriften des Museums der Universität Tübingen MUT. Hg. von Bernd Engler und Ernst Seidl, Bd. 21), Tübingen 2021, S. 125-139.

    Heilige Spiele. Formen und Gestalten des spielerischen Umgangs mit dem Sakralen. (Hg., zus. mit Jürgen Barsch und Klaus Raschzok) Regensburg 2022.

    Monika Kania-Schütz: Der Wissenschaftlerin zum Glentleiten-Abschied. In: Vom Säen und Ernten. Monika Kania-Schütz und ihr Wirken für die Freilichtmuseen Glentleiten und Amerang des Bezirks Oberbayern. Festschrift zur Verabschiedung, München 2022, S. 21-29.

    Kultur, Landschaft, Region und Identität: Zum Wandel traditioneller Festkulturen. In: Lutz Wille (Hg.), Die Harzer und ihre traditionellen Feste, Clausthal-Zellerfeld 2023, S.6-10.

    Herausgeberschaft

    Studien zur Volkskunde in Thüringen e.V., 10 Bände, Münster 2009-2020.

    Frauenstudien Baden-Württemberg, Tübingen 1993ff. (10 Bde.)

    Zusammen mit M. Scharfe / R. W. Brednich (Hg.): Männlich. Weiblich. Zur Bedeutung der Kategorie Geschlecht in der Kultur, Münster 1999.

    Zusammen mit S. Göttsch (Hg.): Komplexe Welt. Kulturelle Orientierungssysteme als Orientierung, Münster 2003. 

    Zusammen mit K. Pöge-Alder (Hg.): Europas Mitte - Mitte Europas. Europa als kulturelle Konstruktion, Jena 2008.

    Zusammen mit J. Bärsch / K. Raschzok (Hg.): Heilige Spiele. Formen und Gestalten des spielerischen Umgangs mit dem Sakralen, Regensburg 2022.

     

    Vollständiges Publikationsverzeichnispdf, 381 kb