Blick in das Denkmal für Eduard Rosenthal

Ein dezentrales Denkmal für Eduard Rosenthal

Künstlerischer Wettbewerb, Ausstellung und Denkmalsrealisation , 2018–2020
Blick in das Denkmal für Eduard Rosenthal
Foto: Thomas Müller

Mitarbeiterin: Andrea Karle M.A.

Professor Eduard Rosenthal (1853–1926) war ein bedeutender Rechtswissenschaftler und Rektor der Universität Jena, der sich zugleich als Philanthrop für das Gemeinwohl engagierte. In der Weimarer Republik er als liberal-demokratischer Abgeordneter im Landtag und trug als Autor der ersten demokratischen Landesverfassung maßgeblich zur Gründung des Landes Thüringen im Jahr 1920 bei. Als er 1926 starb, war er ein hochgeschätzter und vielfach geehrter Bürger. Doch nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 wurde sein Bildnis, das die Universitätsleitung zu seinen Ehren hatte malen lassen, aus antisemitischen und antidemokratischen Gründen abgehängt. Seither ist es nicht mehr auffindbar. Mit dem Verschwindenlassen seines Porträts ist auch die Erinnerung an den deutsch-jüdischen Rechtswissenschaftler, Demokraten und Menschenfreund Eduard Rosenthal für lange Zeit verschwunden.

Um ein Zeichen für Rosenthals weitreichendes bürgerschaftliches Engagement, gegen Ausgrenzung und für Demokratie zu setzen, widmete die Stadt Jena den Botho-Graef-Kunstpreis 2018 in Kooperation mit der Universität Jena dem Andenken Eduard Rosenthals. Prof. Dr. Verena Krieger entwickelte gemeinsam mit Studierenden das Konzept eines dezentralen Denkmals. Es soll das vielfältige Engagement Eduard Rosenthals sichtbar machen, indem es seine verschiedenen Wirkungsorte netzwerkartig miteinander verbindet.

Als Kuratorin des beschränkten Wettbewerbs lud Verena Krieger im Feld der Erinnerungskultur ausgewiesene Künstlerinnen und Künstler zur Teilnahme ein. Eine Fachjury prämierte den Vorschlag „Erkundungsbohrungen“ von Horst Hoheisel und Andreas Knitz. Die beiden Künstler hatten vorgeschlagen, in die Fassaden der Gebäude, die Rosenthals wichtigste Wirkungsorte waren, ein Loch zu bohren und in dieses Loch eine Messinghülse mit einem Sicherheitsglas einzufügen, auf dem jeweils eine Inschrift auf die Bedeutung von Rosenthal für gerade diesen Ort verweist. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Thüringer Landesverfassung im Jahr 2020 wurden die „Erkundungsbohrungen“ realisiert und eingeweiht. An fünf Standorten in Jena (Villa Rosenthal, Uni-Hauptgebäude, Volkshaus), Weimar (zu Rosenthals Lebzeiten Sitz des Thüringer Landtags, heute Musikhochschule) und Erfurt (heutiger Thüringer Landtag) kann das dezentrale Denkmal heute besichtigt werden.

Publikationen:

Verena Krieger/Jonas Zipf (Hg.): "Erkundungsbohrungen" Ein dezentrales Denkmal für Eduard Rosenthal. Botho-Graef-Kunstpreis Jena, Weimar 2020

Verena Krieger: Dezentralität als Symbolisierungsstrategie. Zum jungen Genre des dezentralen Denkmals, erscheint in: Wolfgang Brückle/Rachel Mader/Brita Polzer (Hg.), Mit Denkmälern sprechen, Zürich/Berlin 2022

Mehr erfahren: www.eduard-rosenthal.deExterner Link

Gehen Sie entlang der Erkundungsbohrungen auf Spurensuche.

Foto: Thomas Müller