Dr. des. Merve Lühr
- Sprechzeiten WS 2023/24 Uhr: nach Vereinbarung
Volkskunde/Kulturanthropologie ermöglicht einen besonderen Blick auf die Welt. Mit ihrem akteurszentrierten Ansatz geht sie von individuellen Erfahrungen und Deutungsmustern aus, um die Verfasstheit der Gesellschaft zu verstehen. Indem sie historische und gegenwärtige Perspektiven miteinander in Beziehung setzt, vermag sie es, sich der Gegenwart aus der Vergangenheit heraus zu nähern. Denn darüber, wie das Damals erinnert, verortet und kontextualisiert wird, lassen sich Rückschlüsse auf die Wahrnehmung des Heute ziehen.
Phasen der Transformation eignen sich dabei im Besonderen für den retrospektiven Blick. Dies können persönliche Umbruchsphasen sein, wie der Umgang mit einer ungewollten Schwangerschaft, den ich in meiner Magisterarbeit untersuchte, oder politische und wirtschaftliche Umwälzungen, wie ich sie in meinem Dissertationsprojekt zum Erinnern an die Arbeit in der DDR thematisiere. Nicht zuletzt lässt sich mit Hilfe der Volkskunde/Kulturanthropologie der Einfluss von technischen und medialen Transformationen auf das Arbeits- und Alltagsleben nachvollziehen. Dabei kommt direkt die gegenwärtige Digitalisierung in den Sinn, doch auch frühere Medienrevolutionen, wie die Etablierung des Kinos als modernes Massenmedium zu Beginn des 20. Jahrhunderts, bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für unser Fach.
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Vita
*1984
2004-2012:
Magisterstudium an der Universität Göttingen
Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie, Mittlere und Neuere Geschichte, Umweltgeschichte2012-2013:
Mitarbeiterin im Programmkino „Lumière“, Göttingen2013-2020:
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Volkskunde/Kulturanthropologie des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Dresden
Laufendes Promotionsprojekt: „Erinnern an die Arbeit im Kollektiv. Das Brigadeleben in der DDR und seine postsozialistischen Tradierungen“
Mitarbeiterin im Drittmittelprojekt: „1918 als Achsenjahr der Massenkultur. Kino, Filmindustrie und Filmkunstdiskurse in Dresden vor und nach 1918“Seit 03/2022:
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Volkskunde (Empirische Kulturwissenschaft) der Friedrich-Schiller-Universität Jena -
Forschungsschwerpunkte
- Arbeits- und Alltagskultur der DDR
- Erinnerungskultur
- Transformationsgeschichte
- Stadtforschung
- Populärkultur
- Kinokultur im frühen 20. Jahrhundert
- Geschlechtergeschichte
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Herausgeberschaft
Urbane Kinokultur. Das Lichtspieltheater in der Großstadt 1895–1949 (ISGV digital 2), Dresden 2020 (Hg. mit Winfried Müller und Wolfgang Flügel), doi.org/10.25366/2020.41.
Forschungsdesign 4.0. Datengenerierung und Wissenstransfer in interdisziplinärer Perspektive (ISGV digital 1), Dresden 2019 (Hg. mit Jens Klingner), doi.org/10.25366/2019.04.
Arbeiten im Kollektiv. Politische Praktiken der Normierung und Gestaltung von Gemeinschaft (Tagungsbeiträge), in: Volkskunde in Sachsen 28 (2016), S. 9-174.
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Aufsätze
Die „heimlichen Könige des Filmtheaters“. Zur Selbstinszenierung von Vorführern, in: Anna-Rosa Haumann/ Kathleen Kröger/ Marcus Plaul (Hg.), Das Kino in der DDR. Perspektiven auf ein alltagsgeschichtliches Phänomen [erscheint voraussichtlich im 2. Quartal 2022].
Erstklassig und routiniert. Das Lichtspieltheater als Arbeitsplatz, in: Wolfgang Flügel/Merve Lühr/Winfried Müller (Hg.), Urbane Kinokultur. Das Lichtspieltheater in der Großstadt 1895–1949 (ISGV digital 2), Dresden 2020, S. 199-227. LinkExterner Link
Einleitung, in: Wolfgang Flügel/Merve Lühr/Winfried Müller (Hg.), Urbane Kinokultur. Das Lichtspieltheater in der Großstadt 1895–1949 (ISGV digital 2), Dresden 2020, S. 8-13. LinkExterner Link
„Da ist gelacht worden, da ist gegessen worden.“ Die Brigadefeier im Spiegel kulturhistorischer Quellen, in: Dresdner Hefte (2020) Heft. Nr. 144, S. 57-66.
„Keine fünf Minuten eher.“ Der Wandel von Arbeitsbiografien nach 1989/90, in: Ira Spieker (Hg.), Umbrüche. Erfahrungen gesellschaftlichen Wandels nach 1989 (Spurensuche. Geschichte und Kultur Sachsens 8), Dresden 2019.
Zwischen Entwertung und Ostalgie: Alltagswelten der DDR, in: Katrin Bauer/Dagmar Hänel/Thomas Leßmann (Hg.), Perspektiven und Potenziale volkskundlicher Sammlungsbestände, Göttingen 2019, S. 235-249 (mit Uta Bretschneider).
„Ohne dass da irgendwie Geld geflossen ist.“ Individuelle und kollektive Organisation von Arbeit und Konsum in der DDR, in: Karl Braun/Claus-Marco Dietrich/Johannes Moser/Christian Schönholz (Hg.), Wirtschaften. Kulturwissenschaftliche Perspektiven (Online-Schriften aus der Marburger kulturwissenschaftlichen Forschung und Europäischen Ethnologie, Sonderband 1), Marburg 2019, S. 245-253.
Industriekultur in Sachsen, in: ISGV (Hg.), Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde 1997–2017 (Spurensuche. Geschichte und Kultur Sachsens 7), Dresden 2017, S. 168-173 (mit Sönke Friedreich).
„Da musste Brigadebuch geführt werden“. Kollektive Tagebücher als Erinnerungsobjekt und archivalische Quelle, in: Volkskunde in Sachsen 28 (2016), S. 153-166.
Zeit.Zeugen: Qualitative Interviews als kulturwissenschaftliche Quellen, in: Lisa Spanka/Meike Haunschild/Julia Lorenzen (Hg.), Zugänge zur Zeitgeschichte: Bild – Raum – Text. Quellen und Methoden, Marburg 2016, S. 227-276 (mit Uta Bretschneider).
Tagebuch schreiben im Kollektiv. Brigadetagebücher in der DDR zwischen Ideologie und Alltagspraxis, in: Janosch Steuwer/Rüdiger Graf (Hg.), Selbstreflexionen und Weltdeutungen. Tagebücher in der Geschichte und der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts (Geschichte der Gegenwart 10), Göttingen 2015, S. 163-185.
Brigadebücher als kulturwissenschaftliche Quelle. Der Bestand des Lebensgeschichtlichen Archivs für Sachsen, in: Volkskunde in Sachsen 26 (2014), S. 231-262.
Göttinger Plakatierkultur. Zur Aneignung urbanen Raums in einer Mittelstadt, in: Brigitta Schmidt-Lauber/Astrid Baerwolf (Hg.), Fokus Mittelstadt: Urbanes Leben in Göttingen – ein Studienprojekt, Göttingen 2009, S. 165-185 (mit Manuel Schaper).
Das Naturdenkmal in der Entwicklung des staatlichen Naturschutzes, in: Bernd Herrmann/Christine Dahlke (Hg.), Schauplätze der Umweltgeschichte. Werkstattbericht (Graduiertenkolleg 1024 Interdisziplinäre Umweltgeschichte), Göttingen 2008, S. 105-111.
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Vorträge
Ein neues Medium – ein neuer Raum. Arbeiten im Lichtspieltheater (1906 – 1948). Kolloquium des Curriculum Visuelle Anthropologie, Institut für Kulturanthropologie/ Europäische Ethnologie, Universität Göttingen, 05.02.2020
Arbeitsplatz Kino. Die Etablierung neuer Berufe und Tätigkeiten – Vorstellung des Dresdner Kinoprojekts. Auftaktveranstaltung des bürgerwissenschaftlichen Projektes „Kino in der DDR – Rezeptionsgeschichte von unten“, Erfurt, 16.11.2019
Arbeitsplatz Kino. Die Etablierung neuer Berufe und Tätigkeiten. Tagung: Urbane Kinokultur. Das Lichtspieltheater in der Großstadt (1895 – 1949), Dresden, 7./8.11.2019
Psychoanalyse in der Europäischen Ethnologie!? – Auf den Spuren einer Theorie und Methode. Tagung: Wie kann man nur dazu forschen? – Themenpolitik in der Europäischen Ethnologie, Innsbruck, 3.-5.11.2017 (mit Sarah Kleinmann)
„Ohne, dass da irgendwie Geld geflossen ist“. Erzählen über informelle Parallelökonomien in der DDR. dgv-Kongreß „Wirtschaften. Kulturwissenschaftliche Perspektiven“, Marburg, 20.-23.09.2017
„Diese Allgemeinplätze, davon lebte der Sozialismus“. Die Erinnerung an Brigadetagebücher, den „sozialistischen Wettbewerb“ und das Arbeiten im Kollektiv. Forschungskolloquium sächsische Landesgeschichte, Geschichte der Frühen Neuzeit und Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Institut für Geschichte, Technische Universität Dresden, 12.01.2017
„Sozialistischer Wettbewerb“ und Kollektivbildung im Betrieb. VIII. Unternehmensgeschichtliches Kolloquium: Industrielle Arbeitsbeziehungen in „Mitteldeutschland“ – zwischen Klassenkampf, Tarifpartnerschaft, sozialistischer Betriebsgemeinschaft und sozialer Marktwirtschaft (1815 – 2015), Leipzig, 21./22.10.2016
DDR-Alltag sammeln und präsentieren. Tagung der volkskundlichen Landesstellen der dgv: Alltag sammeln. Perspektiven und Potentiale volkskundlicher Sammlungsbestände, Bonn, 13./14.10.2016 (mit Uta Bretschneider)
Tagebuch schreiben im Kollektiv. Brigadebücher als kulturwissenschaftliche Quelle und Erinnerungsobjekt. Sachsenkolloquium, Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte, Universität Leipzig, 15.06.2016
Arbeits- und Erinnerungswelten. Brigadetagebücher als kulturwissenschaftliche Quelle. Workshop: Arbeiten im Kollektiv. Politische Praktiken der Normierung und Gestaltung von Gemeinschaft, Chemnitz, 2./3.6.2016
Erinnern an die Arbeit im Kollektiv. Das Brigadeleben in der DDR und seine postsozialistischen Tradierungen. Kolloquium des Lehrstuhls für Zeitgeschichte, Ruhr-Universität Bochum, 25.11.2015