Foyer im Physikalischen Institut mit den Glasbildern von Walter Herbert

Die Glasbilder von Walter Herbert im Physikalischen-Astronomischen Institut

Die Glasmalereien in der Physikalisch-Astronomischen Fakultät als eine Bilderreihe zur kulturübergreifenden technischen Entwicklung und Erforschung von Umwelt
Foyer im Physikalischen Institut mit den Glasbildern von Walter Herbert
Foto: Gina Grond

Steckbrief

Künstler: Walter Herbert
Ausgeführt durch: Friedrich Kraus
Thema: Glasbilder mit landwirtschaftlichen, technisch-industriellen Motiven
Technik: 4 Fenster in Bleiverglasung mit Glasschliffeinlagen
Entstehungszeit: 1956
Ort: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Physikalisch-Astronomische Fakultät, Max-Wien Platz 1
Foyer am Haupteingang, EG, öffentlich zugänglich

Einstieg

Die Ursprünge der Glasmalerei lassen sich nicht eindeutig erfassen. Die frühsten schriftlichen Zeugnisse führen bis ins 4. Jahrhundert zurück. Im europäischen Raum wurden die farbigen Glasfenster primär für sakrale Räume hergestellt und galten als Sinnbilder der Kirche. Der in den farbigen Fenstern vielfach gesteigerte Lichteinfall wurde von den Gläubigen wie ein Wunder erlebt. Für den mittelalterlichen Menschen war das Licht göttlichen Ursprungs. Die leuchtenden Glasfenster erhielten damit auch eine erhöhte Bedeutung. Die Pflegestätten der Glasmalerei waren die Ordensklöster.
Funktionell grenzten die Glasfenster das Innere des Raums von der Außenwelt ab und zugleich dienten sie als raumaufschließende, Tageslicht durchlassende Bestandteile des Bauwerks. Die Herstellungsverfahren waren langwierig und kostspielig. Das fertige Bild entstand aus Glasstücken, Schwarzlotbemalung und Bleiruten. Dabei wurde das Glas mit Schmelzfarben bemalt, die beim Brand (ca. 650° Grad) die gewünschte Farbgebung erhielten; Bleiruten sorgten für den nötigen Halt zwischen den aneinandergelegten Glasstücken.
In der Gotik wurde die Glasmalerei zur bildlichen Erzählung der Heilsgeschichte verwendet und entfaltete sich in enger Verbindung mit der Architektur. Seit der Renaissance befand sich die Glasmalerei im Schatten der beherrschenden Bauplastik. Eine zweite Blütezeit erlebte sie erst an der Schwelle des 20. Jahrhunderts. In der DDR überwogen im profanen Bereich die Glasmalereien ideologischen Inhalts, geprägt durch das Bild der sozialistischen werktätigen Menschen.

Die vier von Walter Herbert geschaffenen Glasfenster in der Physikalisch-Astronomischen Fakultät in Jena stammen von 1956 und befinden sich im Eingangsbereich des Institutsgebäudes. Die farbigen Glasfenster lassen das Licht in die hell gestrichene Vorhalle hinein und verleihen dem Raum eine zusätzliche farbige Note.
Der Kenntnisstand zur Entstehungsgeschichte der Glasbilder ist eher gering: Neben dem Künstler Walter Herbert und dem Herstellungsdatum ist der Name des ausführenden Glasers Friedrich Kraus aus Weimar bekannt. Außerdem wissen wir, dass das Glasbildwerk im Jahr 1992 vom Glaser Karl-Ernst Kraus restauriert wurde. Einem Aktenvermerk im Universitätsarchiv ist zu entnehmen, dass die Glasfenster zusammen mit einem Wandbild und zwei Porträtplastiken als künstlerische Einheit zur Ausgestaltung des Foyers geplant und ausgeführt wurden.

Beschreibung und Detailbetrachtung

Glasfenster von Walter Herbert im Foyer des Physikalischen Instituts am Max-Wien-Platz 1

Foto: Babett Forster

Die Glasfenster sind formal einheitlich ausgestaltet: den Rahmen eines Rundbogenfensters füllen rechteckige Glasscheiben gleichen Formats, die in warmen und kühlen Tönen gehalten sind. Dazwischen sind jeweils fünf Glasbilder zu sehen, wobei sich die Platzierung der Bilder innerhalb Fensterfläche von Fenster zu Fenster unterscheidet. Die Bleiruten treten als kräftige Konturen zwischen den einzelnen Glasscheiben auf, die mosaikartig zusammengestellt sind. An einzelnen Stellen ist außerdem eine Schwarzlotbemalung zur Detailausführung zu sehen.

Das erste Fenster stellt landwirtschaftliche Szenen dar. Im zentralen Bereich sieht man einen erntenden Feldbauern in der Mitte der üppigen Ähren.Die feinen Schwarzlotlinien zeichnen die Gesichtszüge des Mannes sowie die einzelnen Getreidekörner ab. Im unteren rechten Fensterbereich rechts ist eine weitere männliche Figur zu sehen; hier wird die Szene vor Augen geführt, wie man Getreide mahlt. Die Feld- und Mühlendarstellungen runden die landwirtschaftliche Thematik ab.

Glasfenster von Walter Herbert, Ausschnitt

Foto: Babett Forster

Das zweite Fenster ist dem Thema des Bergbaus gewidmet. In der Mitte fällt die Figur eines kräftigen Bergmanns auf, der mit einem Presslufthammer Gestein bearbeitet. Daran schließen sich im unteren Fensterbereich die Szenen an, die verschiedene Bergbaumaschinen zeigen.

 

 

Glasfenster von Walter Herbert, Ausschnitt

Foto: Babett Forster

In dem dritten Fenster werden verschiedene Fahrzeugtypen dargestellt. Markant ist, dass sie aus unterschiedlichen Epochen und Kulturen stammen. Im unteren Fensterteil werden ein moderner Elektrozug zusammen mit seinem Vorläufer, einer Dampflokomotive, zusammen gezeigt, während in der Fenstermitte ein Nebeneinander von afrikanischen und europäischen Methoden zur Fortbewegung zu sehen ist.

Glasfenster von Walter Herbert, Ausschnitt

Foto: Babett Forster

Das letzte Fenster in der Reihe thematisiert die technischen Entwicklungen in Bereichen See- und Raumfahrt: ein mit Schwarzlotbemalung verzierter Heißluftballon in der Mitte, ein Segelschiff und Flugzeuge unten, ein Sextant und eine Satellitenschlüssel oben.

Die gesamte Glasfensterreihe lässt sich als eine thematische Einheit auffassen. Jedem der vier Fenster liegt ein technisch-progressiver Gedanke zugrunde. Die Glasmalereien thematisieren unterschiedliche Aspekte der technischen Entwicklung sowie die Erforschung von der Umwelt. Damit schuf der Künstler eine Verbindung zum Standort der Glasfenster - dem als Physikalisches Institut konzipierten Gebäude.

 

Literatur:

Erhard Drachenberg; Karl-Joachim Maercker; Christa Richter: Mittelalterliche Malerei in der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979.
Elmar Jansen: Kleine Geschichte der deutschen Glasmalerei. Von den Anfängen bis zum 17. Jahrhundert, Dresden 1964.
Doris Weilandt: Jenapharm – Architektur und Kunst am Bau, Jena 2009.
Käthe Sander-Wietfeld: Glasfenster – Sinnbilder der geistigen Kirche, in: Das Münster. Zeitschrift für Christliche Kunst und Kunstwissenschaft, Bd.24, 1971, S. 81-96.

 

Text: Mariia Mangileva