Vorlesung im Kino (WS 2021/22)
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Audiovisuelle Formen der Auseinandersetzung mit Vernichtung und Völkermord: DDR und BRD im Vergleich
Mit der Entstehung der beiden deutschen Staaten nach 1945 und ihren politischen Unterschieden im Zuge der Konfrontation von Ost und West differiert auch zusehends die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. Davon ist auch der Film betroffen: Zunächst als die neben der Fotografie zentrale Form der Dokumentation dieser Verbrechen. Dann aber auch in Bezug auf die unterschiedlichen ästhetischen Formen der Auseinandersetzung mit ihnen und damit den Versuch, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was genau geschehen ist und warum; schließlich in Bezug auf die Akteure und Institutionen sowie ihre ganz unterschiedlichen Interessen, die die Filmpolitik der beiden deutschen Staaten im Kalten Krieg prägt: Einerseits die staatlich kontrollierte Filmproduktionsgesellschaft der DDR, die DEFA mit ihrem antifaschistischen Auftrag, andererseits die ebenso politischer Kontrolle unterworfene, heterogene privatwirtschaftliche Filmlandschaft der BRD, mit solchen zentralen Akteuren wie etwa Artur Brauner, der als polnischer Jude der Ermordung nur knapp entgangen nach 1945 zum wichtigsten Filmproduzenten der BRD wurde, und dabei von Anfang die audiovisuelle Auseinandersetzung mit dem NS genauso prägt wie er auch das produziert, was man den westdeutschen Eskapismus seit den 1950er Jahren genannt hat: Unterhaltungskomödien, Heimatfilme, Krimis usw.
Die Vorlesung will einen Überblick geben über dieses Geflecht der ästhetischen Beschäftigung mit den Verbrechen des NS und der Akteure dieser Beschäftigung in beiden deutschen Staaten zwischen 1945 und 1990. Sie fragt nach dem Einfluss der audiovisuellen Formen auf das Verständnis des NS, ihrer systembedingten Unterschiedlichkeit aber auch nach den Gemeinsamkeiten. Darüber hinaus will die Vorlesung feststellen, ob es Veränderungen der Auseinandersetzung zwischen den 1940er Jahren und der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gab.
Die Vorlesung im Kino findet immer dienstags von 17 (s.t.) – 20 Uhr im Kino Schillerhof, Helmboldstr. 1, 07749 Jena statt. Nach einer kurzen Einführung sehen wir jede Woche zunächst einen Film, dem sich dann die Vorlesung anschließt. Die Studierenden erwerben einen günstigen Pass, der für alle Vorführungen der Reihe gilt.