Wandmalerei in der Bohlenstube, Frommannsches Anwesen

Eine farbige Bohlenstube

Die historische Holzstube im Frommannschen Anwesen vermittelt mit ihrer prachtvollen Ausmalung einen eindrucksvollen Einblick in die städtische Wohnkultur um 1700.
Wandmalerei in der Bohlenstube, Frommannsches Anwesen
Foto: Hannah Bayer

Steckbrief

Künstler: unbekannt
Thema: Vegetabile Ornamentik und Bildfelder
Technik: Tempera auf Nadelholzbohlen
Entstehungszeit: 1680-1700
Ort: Frommannsches Anwesen, Majorflügel, 1. OG nicht öffentlich zugänglich
Besichtigen Sie die Bohlenstube virtuellExterner Link!

Einstieg

Südwand Bildfeld mit Barockgarten

Foto: Babett Forster

Holzstuben sind hölzerne oder holzverkleidete Innenräume mit einer langen Tradition auch in Thüringen. Der seit dem Mittelalter bekannte Raumtyp wurde zum Zweck der Wärmedämmung eingerichtet und konnte durch einen Hinterladerofen rauchfrei beheizt werden. Im städtischen Umfeld befindet sich die Holzstube meist im 1. OG des Hauses, und die Holzbohlen sind je nach repräsentativem Anspruch des Raumes plastisch oder malerisch verziert. Die Holzstube im heute so genannten Majorflügel des Frommannschen Anwesens wurde im Zuge der Sanierung des Gebäudeensembles (1997-1999) freigelegt und dendrochronologisch auf das Jahr 1680 oder bald danach datiert.  

Die Bohlenstube ist in Blockbauweise errichtet; die waagerecht übereinander geschichteten Bohlen sind in den Ecken versetzt verschränkt. Der starke Unterzug und das Abschlussgesims tragen profilierte Schiffskehlen; die Balkendecke besitzt doppeltprofilierte Streben. Durch die Blockbauweise der Bohlenstube entstehen breite Felder, die sich für eine großflächige Ausgestaltung der Wände eignen. In der Stube des Frommannschen Anwesens ist dies eine hellfarbige Ornament- und Bilderwelt, die Wände und Decken wie ein Ornamentteppich überzieht und kaum Untergrund frei lässt.

Beschreibung

Wandmalerei in der Bohlenstube, Frommannsches Anwesen

Foto: Hannah Bayer

Bei näherer Betrachtung der Fassung wird die gemalte Struktur deutlich: Es gibt einen breiten, umlaufenden Rahmen, der regelmäßig durch Bildfelder unterbrochen wird. In den Ecken sind es Medaillons, mittig unter dem Unterzug und über der Bodenleiste sowie auf halber Höhe sind es reichgerahmte Kartuschen. Die von diesem Rahmenwerk eingefassten Wandflächen sind mit breiten Akanthusranken auf blauem Grund ausgefüllt, deren plastische Wiedergabe durch helle und dunkle Konturen erreicht wird. Die Akanthusranke ist ein recht typisches Ornamentmotiv des 17. Jahrhunderts, das sich durch die langen, schmalen und ausfransenden Blätter sehr gut als Vorlage für Friese eignet, hier jedoch das Hauptmotiv der Bohlenmalerei bildet. Das Akanthusornament findet sich auch außerhalb des gemalten Rahmens wieder, hier noch ergänzt durch Blütenformen, und zwischen den Balken der Decke.

Die 20 erhaltenen Bildfelder in den Medaillons und Kartuschen zeigen unterschiedliche Landschafts- und Architekturmotive. So sieht man bspw. eine italienisch anmutende Stadtansicht mit einem Rundbau und Turmanlagen, einen Barockgarten mit Springbrunnen und Zierbäumen oder eine pittoreske Flusslandschaft mit Bergen im Hintergrund.
Die Bilder sind in feinem Pinselstrich und heller Palette gemalt und unterscheiden sich deutlich von der ausschweifend gemalten Rankenornamentik. Die Bilder bieten ähnlich zu einem Fenster Ausblicke aus der Stube in die Welt und zeigen damit auch den Anspruch einer gewissen Weltgewandtheit der Bewohnerschaft.

Historische Einordnung

Wandmalerei in der Bohlenstube, Frommannsches Anwesen

Foto: Hannah Bayer

Zur bauhistorischen Datierung der Bohlenstube in die 1680er Jahre passt die barocke Ausmalung. Leider liegen gerade aus dieser Zeit keine Quellen zu den Besitz- bzw. Wohnverhältnissen des Anwesens vor, so dass über den Entstehungskontext der Holzstube bzw. ihrer Ausmalung keine Aussagen getroffen werden können. Möglicherweise stammt die Bohlenstube auch aus einem anderen Bau und wurde im Frommannschen Anwesen zweitverwendet.

Die Ausgestaltung der Holzstube zu einem prestigeträchtigen Innenraum war gerade in Adelssitzen und im städtischen Privathaus sehr beliebt. Spätere Feuerschutzverordnungen verboten derartige Holzeinbauten allerdings, so dass die Bohlenstube im Jenaer Fürstengraben vermutlich zu den letzten ihrer Art in der Thüringischen Städtekette gezählt werden kann. Bald darauf im 18. Jahrhundert kommt die Bohlenstube zunehmend aus der Mode, und wird daher oft durch Ein- und Umbauten verändert und überputzt, wie das auch mit der Stube im Fürstengraben evtl. unter dem Verleger Carl Friedrich Ernst Frommann geschah, der das Anwesen von 1801 bis 1830 bewohnte und andere repräsentative Räume, wie die Blaue Stube, ausgestalten ließ.

 

Literatur

Holger Reinhardt: Holzstuben in Thüringen – Zum Forschungsstand eines kulturgeschichtlichen Phänomens, in: Historische Ausstattung. Jahrbuch für Hausforschung, Bd. 50, 2004, S. 383-396.

 

Text: Babett Forster