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Meldung vom:
Projekt „Bild-Vergleiche. Praktiken der Unvergleichbarkeit und die Theorie des Erhabenen“
Teilprojekt E02 im Sonderforschungsbereich „Praktiken des Vergleichens“ (SFB 1288)
Projektleitung: Prof. Dr. Johannes Grave
Mitarbeiter*innen: PD Dr. Arno Schubbach, Sonja Scherbaum
Laufzeit: 2021–2024
Das Projekt baut auf Vorarbeiten in der ersten Phase des Sonderforschungsbereichs 1288Externer Link auf, in der durch das Vorläuferprojekt C01Externer Link vor allem Praktiken des vergleichenden Sehens sowie der Pendantbildung im 18. Jahrhundert untersucht wurden. In der zweiten Förderphase (2021–2024) wendet sich das Projekt gezielt der Untersuchung eines Grenzphänomens des Vergleichens zu. Mit dem Erhabenen steht ein ästhetisches Phänomen im Zentrum, das sich jedem Vergleich grundsätzlich zu entziehen scheint. Das Projekt soll nachvollziehen, inwiefern auch Situationen der Unvergleichbarkeit auf Operationen des Vergleichens angewiesen bleiben. Behauptungen von Unvergleichbarkeit, so wird am Beispiel des Erhabenen aufzuzeigen sein, lassen sich nicht ohne Vergleichspraktiken denken. Dies gilt besonders für Bilder, die Erhabenheit darstellen und/oder evozieren sollen. Aufgrund ihrer beschränkten Größe und ihrer Bewegungslosigkeit ist für (statische, begrenzte) Bilder im Allgemeinen fraglich, ob sie das Erhabene überhaupt darstellen zu können. Für sie stellt sich daher in erhöhtem Maße die Frage, ob der gezielte Einsatz von Vergleichspraktiken dazu beitragen kann, das Erhabene zur Erscheinung zu bringen.
Das Projekt wird sich auf jenen Begriff des Erhabenen konzentrieren, der von Immanuel Kant entwickelt wurde und – vor allem im deutschsprachigen Raum – die Kunsttheorie, aber auch die Kunstpraxis der Zeit um 1800 in hohem Maße prägte. Kant selbst hat das Erhabene an Phänomenen festgemacht, die Vergleichsoperationen zum Scheitern bringen oder an Grenzen führen. In einer zentralen Passage der „Kritik der Urteilskraft“ wird das Mathematisch-Erhabene als etwas charakterisiert, „was über alle Vergleichung groß ist“ (KU, B 81), und auch das Dynamisch-Erhabene setzt eine „Vergleichung“ voraus, in der sich unsere Widerstandskraft gegenüber der erhabenen „Macht“ als „unbedeutende [...] Kleinigkeit“ erweist (B 104). Kants Theorie des Erhabenen impliziert daher ein spannungsvolles Verhältnis zwischen der Erfahrung des Sublimen und der Praxis des Vergleichens. Diese Begriffsrelation ist von zentraler Bedeutung für Kants Verlagerung des Erhabenen in das „Gemüt“ des Subjekts; zugleich aber wirft sie für jeden Versuch, das Erhabene zur Darstellung zu bringen, neue Fragen auf.
Das Projekt soll untersuchen, wie in der an Kant anknüpfenden Kunsttheorie auf diese Problemlage reagiert wurde und inwiefern in der künstlerischen Bildproduktion um 1800 dem Anspruch von Kants Begriffsverständnis Rechnung getragen wurde. Während die Untersuchungen zur nachkantischen Kunsttheorie vornehmlich diskursgeschichtlich orientiert sein werden und nachvollziehen sollen, inwiefern die Theorien des Erhabenen Vergleichspraktiken der Rezipient*innen erhabener Kunstwerke voraussetzen, werden die Analysen exemplarischer bildlicher Fallbeispiele Methoden einer rezeptionsästhetisch und praxistheoretisch orientierten Kunstgeschichte aufgreifen, wie sie bereits in der ersten Förderphase des Teilprojekts entwickelt worden sind. Mit Hilfe dieser Methoden und Ansätze fragt das Teilprojekt danach, inwiefern bestimmte Praktiken der künstlerischen Produktion sowie der Rezeption von Bildern des Erhabenen auf jener Praxisformation des vergleichenden Bilder-Sehens aufruhen, die im 18. Jahrhundert prägend geworden war.